Pfarrerin Christiane Moldenhauer schreibt:

Liebe Leser, liebe Leserinnen, 

diese Woche war ich wieder bei Gericht: "Im Namen des Volkes" entscheidet das Verwaltungsgericht Potsdam über die Asylanträge von insgesamt drei Menschen aus dem iranischen Teil unserer Gemeinde. Ich begleite unsere Iraner nach Möglichkeit zu diesem für sie so entscheidenden Termin.

Ein wichtiges Thema dort ist immer der Glaube: Wenn das Gericht es als sehr wahrscheinlich ansieht, dass unsere Geschwister "ernsthaft" zum christlichen Glauben gefunden haben, dann wird ihnen ein Aufenthaltsstatus zuerkannt, mit dem sie in Deutschland bleiben dürfen. Denn im Iran leben Christen sehr gefährlich.

Nur: Wie kann ein Gericht denn beurteilen, ob jemand ernsthaft glaubt? Ich fühle jedes Mal ein starkes Unbehagen bei den Fragen, die dann zum Nachweis gestellt werden. Bibelwissen, persönliche Glaubenserfahrungen und Argumente – ganz ehrlich: Da würden auch manche Theologie-Profis in die Knie gehen. 

Was wäre ein Beweis, dass jemand an Jesus Christus glaubt? Ich selbst sage vor Gericht dann: Wir können niemandem ins Herz sehen, auch ich als Pfarrerin nicht. Daher ist unsere Kirche sehr kritisch gegen diese Art der Befragung vor Gericht. Andererseits: Die Richter tun auch nur ihre Arbeit und bemühen sich oft sehr um eine ausgewogene Entscheidung.

Es ist jedenfalls immer ein sehr emotionaler Termin. Auch für mich. Immerhin: Soweit das Gericht es schon durchblicken ließ, ist es bei unseren Dreien wohl gut gelaufen. Gott sei Dank!!

Gott sei Dank, dass in Deutschland jeder Mensch die eigene Religion frei leben darf. Gott sei Dank für unseren Rechtsstaat. Gott sei Dank, dass ich selbst meinen Glauben noch nie so "unter Beweis" stellen musste. Gott sei Dank, dass unsere Iraner bei uns sind. Bitte nehmen Sie sie freundlich in unserer Mitte auf.

Der Kirchenname des nächsten Sonntags lautet übrigens: "Judika" – Schaffe mir Recht, Gott. 

Herzliche Grüße, 
Ihre Christiane Moldenhauer